Zielparameter abgrenzen. Produkteigenschaften definieren. Technologische und kommerzielle Bedingungen identifizieren.
Am Anfang der Entwicklung von Beschichtungsverfahren müssen Prozess- und Produktentwickler die Zielparameter genau abgrenzen, die gewünschten Produkteigenschaften definieren und die technologischen und kommerziellen Bedingungen identifizieren. Darauf aufbauend wird eine geeignete Technologie für die Herstellung der gewünschten Produkte ausgewählt. Typischerweise handelt es sich dabei um einen inkrementellen Prozess, der von einem Grundkonzept ausgehend, verschiedene Produktionsvarianten untersucht. Das Ziel ist immer ein hinsichtlich Produkteigenschaften und Kosten optimierter Prozess. Für die Partikelbeschichtung gibt es eine Vielzahl von funktionellen Anwendungen in unterschiedlichsten Industriezweigen. Wichtige Beispiele sind unter anderem:
- Der Schutz des Produktes vor Umwelteinflüssen
- Der Schutz des Anwenders vor dem Produkt
- Eine verbesserte Lagerstabilität empfindlicher Produkte
- Die genaue Einstellung bzw. gezielte Veränderung von Freisetzungsprofilen von Wirkstoffen
- Verringerung der Hygroskopizität von Feststoffen
- Die Erzeugung chemisch aktiver Beschichtungen
- Eine optimierte Fließfähigkeit
- Die Änderung der Oberflächenstruktur und des Aussehens
- Die Herstellung von Verbundpartikeln
- Ein veränderter Geschmack und Geruch.
Ein wesentlicher Aspekt zur Vorauswahl geeigneter Beschichtungsverfahren ist vor allem die Primärpartikelgröße des zu funktionalisierenden Ausgangsmaterials. Dabei können bestimmte Größenintervalle grob unterschieden werden. Vor allem in Bezug auf kleine Primärpartikelgrößen unter 100 µm kommen konventionelle Beschichtungsverfahren, die auf Wirbelschichtanwendungen mit Flüssigkeitseindüsung basieren, an ihre physikalischen Grenzen. Die Frage, wie gut die Flüssigkeit zerstäubbar ist und welche Tröpfchengrößen damit erreicht werden können, spielt eine entscheidende Rolle. Tröpfchen können aufgrund der typischen Flüssigkeitseigenschaften, beispielsweise Viskosität und Oberflächenspannung, unter 10 µm meist nicht wirtschaftlich erzeugt werden. Eine Einzelpartikelbeschichtung lässt sich immer schwieriger durchführen, wenn ein gewisses Größenverhältnis zwischen Tröpfchen- und Primärpartikelgröße unterschritten wird. Sind die Sprühtröpfchen im Vergleich zu den Ausgangspartikeln zu groß, kommt es zu lokaler Überfeuchtung und in der Folge zu Agglomerationseffekten, die sich negativ auf die Beschichtungsqualität und die Produktpartikeleigenschaften auswirken. So kann zum Beispiel die Partikelfestigkeit leiden. Für diese Partikelgrößenbereiche stehen je nach Stoffsystem zwei Alternativverfahren zur Verfügung: die Core-Shell-Beschichtung bei der Sprühkalzination bzw. Sprühtrocknung von Sprühsuspensionen und die Einzelpartikelbeschichtung durch chemische Gasphasenabscheidung (Chemical Vapor Deposition, kurz CVD).
Core-Shell-Beschichtung
Die Core-Shell-Partikel werden mittels der Glatt Pulversynthese aus Suspensionen gewonnen. Die ungelöste Phase definiert dabei die Partikelgröße des Endprodukts und bildet das Kernmaterial. Das Schichtmaterial liegt in gelöster Form vor. Das Verhältnis von Feststoff zu Lösung kann eingestellt werden, wodurch sich die Schichtdicke definiert. Die Suspension wird in den pulsierenden Gasstrom der Pulversynthese eingebracht, wobei die kontrollierte Verdüsung und anschließende Sekundärzerstäubung der Suspension für die Erzeugung sehr feiner Tröpfchen sorgt. Die Lösung benetzt die Partikeloberflächen und trocknet aufgrund der hohen Wärme- und Stofftransferraten extrem schnell. Falls erforderlich, kann man die Temperatur anschließend weiter erhöhen und auch mit einer chemischen Umwandlung kombinieren, um die geforderte Endproduktqualität zu erzeugen.
Chemical Vapor Deposition
Die Beschichtung von Substraten durch CVD ist ein etablierter Prozess, der z. B. zur Beschichtung von Wafern mit Siliziumverbindungen in der Elektronikindustrie, zur Beschichtung von Glas oder von Werkzeugen mit Hartschichten wie Metalloxiden, -carbiden und -nitriden verwendet wird. Dabei wird eine Feststoffschicht bei erhöhten Temperaturen von ca. 200 bis 1300 °C über chemische Reaktionen in der Gasphase auf dem Substrat abgeschieden. In Kombination mit der Wirbelschichttechnologie lässt sich dieses Prinzip auf das Partikel-Coating übertragen, da die bekannten Vorteile wie hoher Wärme- und Stoffübergang, gute Feststoffdurchmischung sowie Skalierbarkeit des Verfahrens genutzt werden können. Damit ist es möglich, selbst auf Partikeln die kleiner als 100 µm sind, besonders dünne zusammenhängende Coating-Schichten im Nanometerbereich zu erzeugen. Die Herausforderungen bei diesem Verfahrensansatz bestehen üblicherweise in der Auswahl geeigneter Präkursoren zur Erzeugung der gewünschten Feststoffschicht sowie den meist mäßigen Fließeigenschaften der zu beschichtenden Partikel. Das kann aber durch Einsatz geeigneter Fluidisierungshilfen wie Gaspulsation oder Vibration gelöst werden. Gleichzeitig müssen die zu beschichtenden Partikel entsprechend temperaturstabil sein.
Wirbelschicht- und Strahlschichtverfahren
Für Partikelgrößen von ca. 100 bis 5000 µm können die vielseitig erprobten und verbreiteten Wirbelschicht– und Strahlschichtverfahren eingesetzt werden, bei denen Beschichtungsflüssigkeiten eingedüst und auf fluidisierte Partikelsysteme aufgetragen werden. Ein wichtiger Fokus liegt dabei unter anderem auf der Gestaltung des Sprühsystems. Die in die Wirbelschicht einzubringende Flüssigkeit wird in der Regel von oben nach unten (Top-Spray) oder vertikal nach oben (Bottom-Spray) eingedüst. In einigen Anwendungsfällen werden zudem seitlich oder tangential ausgerichtete Sprühsysteme genutzt. Als Sonderform des Bottom-Sprays hat sich der sogenannte Wurster-Prozess etabliert.
Der Bereich um die Düse wird dabei von einem Hüllrohr eingeschlossen, in dem sehr hohe Gasgeschwindigkeiten vorliegen. Das genannte Verfahren wird häufig für die Umhüllung feinerer Partikelsysteme mit vergleichsweise dünnen, aber vollständig geschlossenen Schichten angewendet. Das ist beispielsweise bei Coating-Prozessen zur Applikation von Schutzfilmen oder Funktionsschichten auf pharmazeutische oder anderweitig aktive Kernsubstanzen der Fall.
In bestimmten Fällen ist eine kontinuierliche Zufuhr der Rohstoffe sowie ein ununterbrochener Austrag des Produkts erforderlich. Hierfür wurden sogenannte GF-Apparate zur kontinuierlichen Prozessführung entwickelt, die nach dem Fließbett-Prinzip arbeiten. Charakteristisch ist dabei der lang gestreckte rechteckige Prozessraum. Das zugrundeliegende Konzept basiert auf einer gerichteten Feststoffströmung in der Wirbelschicht und ermöglicht die Durchführung mehrerer Prozessschritte in einem Apparat. Dafür wird der Bereich unterhalb des Anströmbodens kammerweise unterteilt. Jede dieser Zuluftkammern kann mit unterschiedlich konditioniertem Prozessgas beaufschlagt werden, beispielsweise mit verschiedenen Luftmengen oder Temperaturen. Der typische Anwendungsfall ist die Eindüsung auf der Eintragsseite des GF-Apparats mit anschließendem Nachtrocknen oder Kühlen in den aufeinanderfolgenden Kammern zur Austragsseite hin. Mit einer solchen Konfiguration können auch verschiedene Funktionsschichten nacheinander aufgebracht werden. Vor allem beim kontinuierlichen Wirbelschicht-Coating bestehen besondere Anforderungen an die Verweilzeitverteilung. Dafür entwickelte Glatt kürzlich die neue auf kontinuierliche Coating-Prozesse abgestimmte Pilotanlage vom Typ GFC 16. Sie ist speziell auf die Prozessentwicklung zugeschnitten.
Das Trommelcoating
Für Partikel mit Größen von über 5000 µm sind auch alternative Beschichtungs- und Dragier-Verfahren wie die Trommelbeschichtung technisch sinnvoll. Im Übergangsbereich entscheiden die Anforderungen an die Beschichtung und die Coating-Qualität über das bevorzugte Verfahren. In diesem Größenspektrum entscheidet auch die Dichte der Einzelpartikel über die resultierende Wirtschaftlichkeit eines Beschichtungsverfahrens auf Basis der Wirbelschichttechnologie. Die Wirbelgeschwindigkeiten derartig großer und schwerer Partikel können einen erheblichen Energieaufwand erfordern. Die Trennung der mechanischen Bewegung von der Bereitstellung des Trocknungsmediums kann dann vorteilhaft sein. Diese Trommel-Coating-Verfahren werden u. a. in der Tablettenbeschichtung und beim Dragieren in der Lebensmittelindustrie eingesetzt.
Glatt begleitet seine Kunden von der Produktidee bis zur Herstellung funktionaler Partikel. Dabei profitieren die Anwender von innovativen Technologien, Know-how über die Möglichkeiten zur Prozessierung funktionaler Partikelbeschichtungen in verschiedenen Anwendungen, Wissen um die jeweiligen Rohstoffeigenschaften und sehr kurzen Entwicklungszeiten für kundenspezifische Partikeleigenschaften und Produkte.