Im Schutz der Hülle – Optimierung von Aktivstoffen durch Verkapselung oder Coating

Sensible Substanzen wie Vitamine, Aromen oder Probiotika müssen gut verpackt werden, um sicher zum Wirkungsort zu gelangen. Damit sie sich auch zum richtigen Zeitpunkt aus ihrer Schutzhülle lösen können, bieten Wirbelschicht– und Strahlschichttechnologien mit Mikroverkapselung und Hot-Melt-Coating zwei maßgeschneiderte Ausstattungsverfahren.

  • Autorin: Claudia Heck, Catchay Communications
  • im Original veröffentlicht im Fachmagazin ‚Lebensmitteltechnik‘, Ausgabe 06/2017, LT Food Medien-Verlag GmbH

Die Verbesserung der Eigenschaften von Ingredients für Lebensmittel und Getränke, die Stabilisierung von Aktivstoffen für Nahrungsergänzung und Functional Food mit definierten Freisetzungsprofilen stehen bei den Kunden des Anlagenbauers Glatt Ingenieurtechnik in Weimar ganz oben auf der Agenda. Im dortigen Technologiezentrum führen Produktentwickler, unterstützt von einem Glatt Team, an Laboranlagen Versuche durch und erzeugen Masterbatches für Markttests. Ob Mikroverkapselung, Sprühcoating, Sprühgranulation oder Sprühagglomeration: Das Zusammenspiel von Rezeptur- und Prozessparametern ist der Schlüssel für maßgeschneiderte Eigenschaften und wirtschaftliche Herstellungsverfahren.

Wirbelschicht und Strahlschicht

Um Verfahren und Technologien für Verkapselungs- und Coating-Prozesse miteinander vergleichen zu können, muss man wissen, dass sich Partikelschüttungen in der Wirbelschicht und Strahlschicht wie Flüssigkeiten verhalten. Sie werden mit einem Prozessgas, zum Beispiel Luft, fluidisiert und je nach Zielsetzung und Rohmaterial sprühgranuliert, sprühagglomeriert, sprühverkapselt oder mit einem funktionellen Filmcoating, Lipid- oder Hotlemelt-Coating überzogen. Einzigartige strömungsmechanische und thermodynamische Eigenschaften machen Wirbelschicht und Strahlschicht zu wegweisenden Verfahren, um Pulver und Flüssigkeiten zu optimieren und nahezu uneingeschränkt zu veredeln. Der Unterschied der Konzepte liegt, vereinfacht gesagt, in der Strömungsmechanik und Prozessdynamik. Im grundlegenden Prozess können wirtschaftlich Flüssigkeiten zur definierten Endfeuchte getrocknet oder verfestigt, Additive integriert und Oberflächen funktionalisiert werden.

Mikroverkapselte Aktivstoffe

In der Regel verkapselt man empfindliche, gefährliche, geruchs- oder geschmacksintensive flüssige Wirk- und Aktivstoffe, um sie vor der Umgebung zu schützen oder die Umgebung vor den Substanzen zu schützen. Deshalb setzen Produktentwickler bei Vitaminen, flüchtigen Aromastoffen, ätherischen Ölen und PUFAs auf rieselfähige Kapseln, die erheblich besser zu dosieren und weiterzuverarbeiten sind. Das Prinzip hinter der Mikroverkapselungist die Sprühgranulation . Hierbei wird eine Flüssigkeit auf die fluidisierten Partikel aufgesprüht, wo sie sich über die Oberfläche spreizt und diese gleichmäßig benetzt. Während der Flüssigkeitsfilm trocknet und geschlossen aushärtet, bauen sich annähernd runde, abriebfeste Granulate mit zwiebelartiger Struktur auf. Stets geht es darum, feste, flüssige oder gasförmige Kernsubstanzen langzeitstabil in einer Feststoffmatrix einzuschließen. Das kann die konventionelle Sprühtrocknung bekanntlich auch. Wirbelschicht und Strahlschicht bieten darüber hinaus deutlich größere Freiheiten beim Einstellen von Partikel- und Schütteigenschaften, etwa über die Wahl der Flüssigkeiten, über Sprühtemperatur, Sprührate und Sprühdruck, Zulufttemperatur, -menge und -feuchte oder auch über die Verweilzeit im Prozess. Über geschlossene Kreislaufprozesse kann zudem die Ausbeute des Aktivstoffes erhöht werden. Soll der Freisetzungszeitpunkt der Aktivsubstanz genau definiert werden, kommt dem Matrixmaterial eine Schlüsselrolle zu.

Coating: kleine Schicht, große Wirkung

Ein Coating ist mehr als nur ein Schutzschild für empfindliche Substanzen: Die Hülle veredelt Produkte mit Farben oder Glanz, steuert Freisetzungsmechanismen zum Beispiel über eine dem Dünndarmmilieu angepasste pH-Wert-Stabilität, modifiziert die Oberflächenstruktur gegen Temperatureinflüsse und Oxidation, und maskiert einen Off-Taste oder strenge Gerüche. Ein Coating-Prozess beginnt mit dem Füttern des Prozessraumes mit vorliegenden Partikeln, Granulaten oder Pellets. Diese werden in einem Prozessschritt mehrfach mit einer oder mehreren Sprühflüssigkeiten besprüht und getrocknet beziehungsweise erstarrt, sodass sich eine Hülle mit sphärischen Schichten aufbaut.

Als Coating-Materialien eignen sich Hilfsstoffe, die in einem Lösemittel aufgelöst oder suspendiert werden, bevor sie als Hilfsstoff-Mixtur zum Beschichten der Starterpartikel im Prozessraum verdüst werden. Wichtig sind eine geringe Viskosität der Flüssigkeit und kleine Tropfen, um eine gleichmäßig dicke und geschlossene Verteilung sicherzustellen. Alternativ dazu existiert das Hot-Melt-Coating als ein lösemittelfreier Prozess. Hier werden die Hilfsstoffe in einem Behälter erhitzt, in eine Schmelze überführt und über beheizte Leitungen und Düsen in den Coating-Prozess geschleust. Die im Wirbelbett schwebenden Aktivstoffpartikel kühlen rasch ab und die aufgesprühte Schmelze bildet einen gleichmäßigen Überzug. Geeignete Materialien für Hot-Melt-Coatings sind in der Regel Lipide, zum Beispiel Bienenwachs, pflanzliche Wachse wie Carnaubawachs, hydrierte Pflanzenöle und –fette, Fettsäuren und Monoglyceride oder Diglyceride mit für die Wirbelschicht geeigneten Schmelztemperaturen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das Hot-Melt-Coating attraktiver als konventionelle lösungsmittelbasierte, zeit- und kostenaufwendigere Coating-Technologien oder auch energieintensive Trocknungsprozesse mit Wasser als Lösemittel zum Trocknen wässrig beschichteter Partikel. Zudem sind potenziell gefährliche, teure organische Lösungsmittel wie Alkohole, Aldehyde oder Ester überflüssig. Die Qualität eines Coatings wird anhand der Freisetzungskinetik, der Dichtigkeit der Schutzhülle und der mechanischen Festigkeit im Labor überprüft.

Weitere Informationen zu diesem Thema und verwandten Themen finden Sie auch in den folgenden Veröffentlichungen: