Emulsionen schonend granulieren

Produkt- und Prozessoptimierung unter Verwendung künstlicher neuronaler Netze – Fallstudie am Beispiel der Verkapselung flüchtiger Substanzen durch Sprühgranulation. Lebensmittel und Produkte zur Tierernährung müssen mit Fokus auf hohe Ausbeuten an Aktivstoffen und gleichzeitig niedrigen Formulierungskosten entwickelt werden. Ein kontinuierlich betriebener Strahlschichtapparat wurde benutzt, um den Prozess durchzuführen, bei dem ein flüssiges Matrixmaterial, welches die zu einzubettende Aktivsubstanz enthält, sprühgranuliert wird.

  • Autor: Dr. Michael Jacob, Leiter Verfahrenstechnik, Process Technology Food, Feed & Fine Chemicals, Glatt Ingenieurtechnik GmbH
  • im Original veröffentlicht im Fachmagazin ‚P&A Prozessdigitalisierung Automation‘, Kompendium 2009-2010, publish-industry Verlag GmbH

Die Produkt- und Prozessoptimierung gewinnt in allen Bereichen der Industrie zunehmend an Bedeutung. Zum Beispiel müssen Lebensmittel und Produkte zur Tierernährung mit Fokus auf hohe Ausbeuten an Aktivstoffen und gleichzeitig niedrigen Formulierungskosten entwickelt werden. Ein kontinuierlich betriebener Strahlschichtapparat wurde benutzt, um den Prozess durchzuführen, bei dem ein flüssiges Matrixmaterial, welches die zu einzubettende Aktivsubstanz enthält, sprühgranuliert wird.

Die Verkapselung von flüssigen Substanzen in Granulaten stellt zur Zeit eine der innovativsten Verfahrensvarianten dar. Als ein typisches industrielles Anwendungsbeispiel wird in diesem Beitrag die Verkapselung flüchtiger Stoffe, wie z.B. Aromen, Parfümöle oder PUFA’s in dichte und frei fließfähige Granulate erläutert. Der Prozess wird häufig genutzt um die Lagerstabilität zu verbessern, die Produkte vor Sauerstoff zu schützen.

In den letzten Jahren hat die Glatt Ingenieurtechnik GmbH den innovativen ProCell-Apparat entwickelt, der zur Sprühgranulation, Agglomeration sowie zum Coating verwendet werden kann. Der Apparat basiert auf einem neuartigen Strahlschichtprinzip. Bedingt durch das spezielle Fluidisierungsverhalten und die dadurch hervorgerufene Partikelbewegung im Prozessraum zeichnet sich der ProCell-Apparat durch eine Reihe von Vorteilen im Vergleich zur konventionellen Wirbelschicht aus. Insbesondere die Möglichkeit bei geringer Verweilzeit zu arbeiten und dadurch die Temperaturbelastung für die Produkte zu minimieren erlaubt es, den ProCell für Verkapselungsprozesse zu nutzen.

Derartige Prozesse sind ökonomisch realisierbar, indem Emulsionen sprühgranuliert werden. Die Emulsion wird im einfachsten Fall als ein Öl in Wasser System hergestellt werden. Hierzu wird ein wasserunlösliche Aktivstoff (z.B. Aromen, Parfümöle oder PUFA’s) homogen in einer wasserbasierten Matrixlösung suspendiert. Die Matrix bildet im Prozess die feste Partikelstruktur in dem der Aktivstoff physikalisch eingebettet ist. Die Abbildung 1 zeigt das Grundprinzip der Partikelbildung durch Sprühgranulation.

Zunächst wird die Emulsion in den Prozessraum eingesprüht. Die Sprühtropfen treffen auf die fluidisierten Partikel und benetzen deren Oberfläche, wodurch ein Flüssigkeitsfilm gebildet wird. Im Falle von wasserbasierenden Emulsionen trocknet der Flüssigkeitsfilm durch das erwärmte Fluidisierungsgas (in der Regel Warmluft). Durch die Verdampfung sinkt die Gastemperatur sofort und die Partikel im Prozessraum werden bei relativ niedrigen Temperaturen aufgebaut. Dieser Effekt erlaubt die Verarbeitung empfindlicher Produkte, wie z.B. von Aromaölen. Durch die Trocknung wird der Flüssigkeitsfilm in eine Feststoffschicht überführt und die Partikel wachsen schalenförmig.

Systematische Experimente im Labormaßstab

Die Effizienz des Prozesses sowie die Produktqualität hängen von den Prozessbedingungen und den Formulierungsparametern ab. Um diese Abhängigkeiten zu untersuchen wurden systematische Experimente im Labormaßstab durchgeführt. Eine modular aufgebauten Anlage vom Typ ProCell LabSystem (Abbildung 2) wurde dazu verwendet.

In den verschiedenen Experimenten wurden Parameter wie Produkttemperatur im Prozessraum, Emulsions-Sprührate und mittlere Verweilzeit des Feststoffes variiert. Die Zulufttemperatur wurde entprechend der gewünschten Produkttemperatur und Sprührate angepasst. Basierend auf einer Massenbilanz und der Füllmenge im Apparat wurde die mittlere Verwilzeit des Feststoffes berechnet. Zusätzlich zu den Prozessbedingungen wurden verschiedene Zusammensetzungen der Sprühflüssigkeit untersucht. Die vorliegende Studie beinhaltet verschiedene Matrix-Formulierungen, zusätzliche Additive, Wasser als Lösungsmittel und unterschiedliche Aktivstoffe.

Insgesamt wurden 36 einzelne Experimente durchgeführt. Dabei wurden Proben am kontinuierliche Produktaustrab zu definierten Zeitpunkten genommen. Jede Probe wurde physikalisch und cemisch analysiert.

Als ein Maß für die Verkapselungsqualität wurde eine Ausbeute definiert.

Entsprechend der Prozessbedingungen und Eigenschaften der Emulsion wurden unterschiedliche Produktqualitäten erzielt. Insgesamt zeichneten sich alle Granulate durch eine sehr kompakte und feste Struktur aus.

Als ein Beispiel wird in den Abbildungen 3 ein typisches Granulat gezeigt. Hierbei handelt es sich um ein in einer Maltodextrinmatrix verkapseltes Orangenöl.

Ausgehend von den Versuchsergebnissen waren die Formulierung der Sprühflüssigkeit und die Prozessparameter zu optimieren, um eine maximale Ausbeute des Aktivstoffes im Produkt zu erhalten. Darüber hinaus sollte die Partikelgröße im gewünschen Bereich sein. Zunächst wurde ein Datenvorverarbeitungsschritt unter Nutzung der Prozessbedingungen und dazugehörigen Produkteigenschaften durchlaufen. Die erzeugten Datensätze wurden zum Aufbau eines künstlichen neuronalen Netzes (aNN) als statistisches Prozessmodell verwendet.

In der Fallstudie wurden 12 Eingabeparameter und 3 Ausgabeparameter (mittlere Partikelgröße, Gehalt am Aktivstoff im Produkt, Ausbeute) für das Prozessmodell verwendet. Zur Prüfung der Prognosen des erzeugten Netzes wurden die experimentell gewonnenen Datensätze zusammen mit den Vorhersagen aus dem neuronalen Netz grafisch ausgewertet. Die Abbildungen 4 und 5 zeigen die Ergebnisse der Analyse.

Es konnte festgestellt werden, dass die Vorhersagegenauigkeit aus dem Prozessmodell ausreichend ist. Demzufolge kann das neuronale Netz als sehr wertvolles Prozessmodell verwendet werden. Darauf aufbauend wurde Analysen durchgeführt, um den Einfluss von Prozess- und Stoff-parametern auf die Produkteingenschaften zu untersuchen und die Ausbeute sowie die Formulierungskosten zu optimieren.

Einige Ergebnisse dieser Analyse sollen nachfolgend gezeigt werden. Bedingt durch den mehrdimensionalen Charakter des Modells ist eine visuelle Ergebnisdarstellung von Anhängigkeiten schwierig. Werden einzelne Parameter hinsichtlich ihres Einflusses auf andere Parameter analysiert, sind sämtliche anderen Einflussgrößen auf einen bestimmten Wert festgelegt. Für die folgenden Abbildungen werden alle Eingabeparameter, deren Wertebereiche nicht in den Diagrammen dargestellt sind, auf ihren jeweiligen Mittelwert fixiert.

In den folgenden Abbildungen wurden Flächendiagramme zusammengefasst, die die einzelnen Abhängigkeiten von Formulierungsparametern wie Konzentration von Maltodextrin des Typs 1 und von Stärke des Typs 1 in der Emulsion und von Prozessbedingungen wie Sprührate, Produkttemperatur und mittlerer Verweilzeit des Feststoffes auf die Ausbeute an Aktivstoff und auf die mittlere Partikelgröße des erzeugten Granulates beispielhaft für Orangenöl darstellen.

In der Abbildungen 6 wird der Einfluss von unterschiedlichen Konzentrationen von Maltodextrin Typ 1 und Stärke Typ 1 auf die Ausbeute und Partikelgröße für Orangenöl gezeigt.

Zusätzlich zu den Einflussgrößen aus der Emulsionsherstellung können auch die Einflüsse der einzelnen Prozessparameter analysiert werden. Als Beispiele für direkt messbare Parameter werden die Emulsions-Sprührate und die Produkttemperatur im Prozessraum untersucht und in der Abbildung 7 dargestellt.

Es zeigt sich ein deutlicher Trend, dass die Ausbeute durch Erhöhung der Sprührate und Absenkung der Produkttemperatur maximiert werden kann. Hinsichtlich der Partikelgröße zeigt sich, dass eine höhere Sprührate im Allgemeinen zu größeren Granalien führt. Dieses Wachstum erfolgt schneller bei geringeren Produkttemperaturen. Eine andere wesentliche Größe ist die Masse an Partikeln im Apparat. Dieser Wert repräsentiert zusammen mit der Partikelgrößenverteilung die Partikeloberfläche, die für Wärme- und Stoffaustauschprozesse zur Verfügung steht.

Im Diagramm 8 wurde der Einfluss der mittleren Verweilzeit und der Sprührate auf die Ausbeute und die Partikelgröße aufgetragen.

Im Allgemeinen ermöglicht eine geringere mittlere Verweilzeit eine Erhöhung der Ausbeuten. Diese kann zusätzlich durch erhöhte Sprühraten gesteigert werden. Qualitative Unterschiede zeigen sich bezüglich des Einflusses von Verweilzeit und Sprührate auf die erzeugten Partikelgrößen. Hier zeigt sich für die Verweilzeit kein großer Einfluss auf die Partikelgröße bei geringen Sprühraten. Bei höheren Sprühraten wird der Verweilzeiteinfluss größer.

Die Diagramme zeigen, dass die einzelnen Parameter mal mehr oder weniger sensitiv hinsichtlich der Ausbeute und Partikelgröße sind. Typischerweise hängen die einzelnen Werte und Tendenzen sehr stark von betrachteten Aktivstoff (in diesem Fall vom Öl) ab. Allgemeingültig kann festgestellt werden, dass höhere Ölbeladungen nur unter Verwendung optimierter Matrixrezepturen sinnvoll umgesetzt werden können.

Zusammenfassung

Die Fallstudie zeigt die Einsetzbarkeit künstlicher neuronaler Netze zur Produkt- und Prozessoptimierung. Im Falle der Verkapselung von flüchtigen Substanzen konnten sehr wertvolle Informationen herausgearbeitet werden. Zusammenfassend kann als ein Ergebnis der Studie festgestellt werden, dass ein Prozess, der bei geringen Verweilzeiten betrieben werden kann, zur Verkapselung flüchtiger Komponenten in granulare Strukturen vorzugsweise einzusetzen ist. Hierfür bietet der innovative ProCell-Apparat Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Wirbelschichtapparaten. Das Prinzip der Fluidisierung erlaub die Verdüsung auch bei sehr geringen Füllmengen. Darüber hinaus unterstützen die hohen Scherkräfte im Bedüsungsbereich eine gleichmäßige Flüssigkeitsfilmbildung und minimieren Tendenzen zur Agglomeration.

Weitere Informationen zu diesem Thema und verwandten Themen finden Sie auch in den folgenden Veröffentlichungen: