Automatische Steuerung und Regelung online in der Wirbelschicht
Ziel des Verbundprojektes war die Realisierung eines Mess- und Regelungssystems zur Kontrolle und Steuerung des pharmazeutischen Herstellungsschrittes „Wirbelschichtgranulierung“ an einem Pilot-Granulator. Die automatische Überwachung und Steuerung des Granulationsprozesses sollte auf Basis der direkten Produkteigenschaften entwickelt werden, da in der Granulation die Grundlagen für wichtige Charakteristiken der späteren Arzneiform definiert werden (Gleichförmigkeit des Wirkstoffgehalts, oder Verarbeitbarkeit in der Tablettierung). Im Zuge dessen war der Einfluss der heute aufgenommenen Daten auf die Qualität des erzeugten Zwischenprodukts zu prüfen. Darüber hinaus sollten aber vor allem auch neue mögliche Parameter zur Prozesssteuerung gefunden und online analysiert werden. Dies können zum Beispiel die Partikelgrößenverteilung im Granulat oder eine Oberflächencharakteristik der Partikel sein.
Zum Ende des Projektes waren Methoden zu entwickeln, die es ermöglichen, kritische (relevante) Prozessparameter in der Wirbelschichtgranulation zu überwachen und zu steuern. Grundsätzlich sollte damit eine verbesserte Prozessführung von Granulationsprozessen in der Wirbelschicht etabliert werden. Durch die gezielte Beeinflussung von Eigenschaftsverteilungen bei der Wirbelschichtgranulation sollen verbesserte Granulate entstehen. Das ohnehin hohe Qualitätsniveau in der Pharma-Produktion würde weiter angehoben werden mit der Folge, weniger Abweichungen zu produzieren, weniger Chargen sperren zu müssen und somit auch die Qualität und Arzneimittelsicherheit für den Endverbraucher zu verbessern sowie natürliche Ressourcen zu schonen.
Prinzip künstlicher neuraler Netzwerke
Wesentliche Ziele des Vorhabens:
- Identifikation relevanter Parameter des Prozesses oder auch des Granulates als Steuergrößen,
- Entwicklung neuartiger modellbasierter Algorithmen zur Vorhersage prozessrelevanter Produktparameter und Parameterverteilungen aus orts- und spektral aufgelösten Produkteigenschaften,
- Entwicklung neuartiger online-Sensorsysteme zur ortsaufgelösten Quantifikation prozessrelevanter Produktparameter,
- Erarbeitung der anlagen- und regeltechnischen Grundlagen für die präzise Steuerung des Partikelwachstums in Granulationsprozessen sowie Testung im Labormaßstab,
- Validierung des neuen Verfahrens an einem Wirbelschichtgranulator im Pilot Scale,
- Sicherstellung der regulatorischen Machbarkeit.
Glatt Ingenieurtechnik konzentrierte sich auf die Prozessmodellierung über künstliche neuronale Netze (KNN), die dann in der Erarbeitung der Prozessregelung Anwendung finden. Damit verbunden war ein umfangreiches experimentelles Versuchsprogramm an einer Laborapparatur, um genügend Trainingsdaten für die Modellierung mit KNN zu generieren. Weiterhin wurde die entwickelte Prozessregelung skaliert und an einer Pilotanlage validiert.
Das Teilprojekt war in 12 Arbeitspakete untergliedert:
- Erstellung eines Anforderungsprofiles
- Grundlagenexperimente, Analytik und Prozessanalyse
- Versuchsbewertung und Prozessmodellierung
- Ableitung einer Steuerungsmethodik
- Aufbau einer Laborapparatur für Grundlagenuntersuchungen
- Erarbeitung adaptiver, selbstlernender Prozessmodelle
- Erarbeitung der modellbasierten Regelung des Granulationsprozesses
- Funktionsnachweis der modellbasierten Regelung
- Erforschung technischer Lösungsansätze für die Prozessskalierung
Regelungs- und Steuerungssysteme für Wirbelschicht–Sprühagglomeration
Vollautomatisierte Prozesse setzen verlässliche Prozessdaten voraus. Diese werden mit Methoden statistischer Versuchsplanung und der Anwendung künstlicher neuronaler Netze ermittelt.
Die vorgestellte Fallstudie hat das Potenzial sowie die generelle Machbarkeit einer modellbasierten Regelung eines Wirbelschicht-Sprühagglomerationsprozesses dargestellt. Zusätzlich zur eigentlichen Regelungsaufgabe ermöglicht die systematische Vorgehensweise einen tieferen Einblick in Details konkreter industrieller Granulationsprozesse. Das so gewonnene Prozessverständnis verhilft den jeweiligen Anwendern zu Erkenntnissen, welche zusätzlichen Möglichkeiten zur Optimierung ihrer Granulationsanwendung bestehen. Dennoch ist bei der Konzeption einer Granulationsanlage ein enges Zusammenarbeiten zwischen Anlagenbetreiber und Anlagenbauer unabdingbar. Nur so kann das volle Potenzial des Granulationsverfahrens ausgeschöpft und die für den Anwender optimale Lösung entwickelt werden. Jahrzehntelange Erfahrung bei der Wirbelschichtgranulation gepaart mit innovativen Anlagen- und Steuerungskonzepten sowie verfahrenstechnischen Lösungen bietet dafür die richtige Grundlage.
» Autor: Dr.-Ing. Michael Jacob, Glatt Ingenieurtechnik GmbH
» veröffentlicht im Fachmagazin ‚P&A Prozessdigitalisierung Automation‘, Ausgabe 10/2018, publish-industry Verlag GmbH
Kontinuierliche Überwachung und automatische Steuerung von pharmazeutischen Prozessen. Beispiel: Wirbelschichtgranulierung (Poster)
Projektpartner:
- Bayer Weimar GmbH und Co. KG
- Glatt Ingenieurtechnik GmbH
- Forschungszentrum für Medizintechnik und Biotechnologie (fzmb) GmbH
- Leibniz-Institut für Photonische Technologien e.V. (IPHT)
Das Projekt „ASTEROID-WS” wird vom Freistaat Thüringen im Rahmen des Verbundvorhabens Nummer 2016 FE 9052 gefördert und durch Mittel der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.
Förderzeitraum: 01.04.2017 – 31.03.2020
Weitere Informationen zu diesem Thema und verwandten Themen finden Sie auch in den folgenden Veröffentlichungen:
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Outsourcing der Produktion – Vertrauen in kompetente Partner‘ PDF, deutsch
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Schonende und sichere Prozesse – Trocknung und Produktgestaltung in der Vakuumwirbelschicht‘. PDF, deutsch
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Sprühagglomeration pflanzlicher Milchalternativen für perfekte Benetzungs- und Dispergiereigenschaften‘ PDF, deutsch
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Mikroverkapselung ätherischer Öle – Schonende Verarbeitung mit Wirbelschicht- und Strahlschichttechnologie‘ PDF, deutsch
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Prozesstechnologien zur Optimierung der Waschmittelherstellung‘ PDF, deutsch