Internationale Kompetenz – Glatt Ingenieurtechnik plant und errichtet komplexe Anlagenlinien und Produktionsstätten
1991 wurde Glatt Ingenieurtechnik in Weimar als Tochtergesellschaft der Glatt GmbH Process Technology gegründet. Das Thüringer Anlagenbauunternehmen ist seit 20 Jahren ein kompetenter Partner für Prozess-, Anlagen- und schlüsselfertige Fabrikplanung mit innovativen Technologien. Dr. Michael Reubold befragte Volker Saalfeld, Leiter des Geschäftsbereichs Engineering, zur Entwicklung des Bereichs und seinen künftigen Plänen.
- im Original veröffentlicht im Fachmagazin ‚CHEManager‘, Ausgabe 17/2011, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA und
Glatt Ingenieurtechnik: Internationale Kompetenz im Pharma- und Chemieanlagenbau | CHEManager (chemanager-online.com)
CHEManager: Herr Saalfeld, 20 Jahre sind zunächst ein Anlass zurück zu blicken. Welche Rolle spielt die Firma Glatt Ingenieurtechnik in der Glatt-Gruppe?
V. Saalfeld: Der Name Glatt steht seit über 50 Jahren für hochwertige Prozessausrüstung in Granulations- und Coating-Prozessen für alle pulververarbeitenden Industrien, wo es darum geht, aus Pulver und/oder feststoffhaltigen Flüssigkeiten Granulate und Pellets herzustellen sowie Partikel durch Beschichten in ihren Eigenschaften aufzuwerten. Im Fokus der Anwendungen standen ursprünglich vor allem Wirbelschichttechnologien für die pharmazeutische Feststoffproduktion.
Glatt Ingenieurtechnik erweiterte das Angebotsspektrum der Firmengruppe um Wirbelschichtanlagen mit kontinuierlicher Prozessführung und machte es damit auch für pulververarbeitende Industriezweige zugänglich, die größere Produktmengen herstellen und verarbeiten. Seit der Gründung 1991 wurde der Firmenstandort aufgrund der positiven Entwicklung bereits zweimal erweitert. Allein bei der letzten Erweiterung 2009 wurden 85 neue Arbeitsplätze geschaffen. Heute arbeiten 180 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Geschäftsbereich Engineering.
CHEManager: Was war der Anlass für Glatt, den Geschäftsbereich Engineering in Weimar zu gründen?
V. Saalfeld: Die zunehmende Nachfrage nach Prozesslösungen aus einer Hand schuf neue Herausforderungen. So wurden aus den Anlagen komplexe Anlagenlinien und die Prozessplanung wurde erweitert auf die Planung gesamter Technikbereiche und schließlich auf komplette Fabriken. Glatt Ingenieurtechnik wurde so zum Systemlieferant und Fabrikplaner mit einer umfangreichen Liste an erstklassigen Referenzen aus dem Pharma-, Food- und Spezialchemiebereich.
CHEManager: Können Sie einige Beispiele nennen?
V. Saalfeld: Gerne. GE Healthcare beauftragte uns mit dem Engineering zur Umstellung der Batch-Produktion auf einen kostensparenden kontinuierlichen Prozess. Lieferung, Installation, Qualifizierung der Anlagen und Validierungssupport erfolgten vor Ort in Norwegen bei laufender Produktion. Diese Produktionslinie ist einzigartig, denn sie hat eine FDA-Zulassung für die kontinuierliche Herstellung von aktiven Wirkstoffen für parenterale Arzneimittel mit einer Kapazität von 270 kg/h.
Die Firma Phytosynthese in Riom, Frankreich, produziert verkapselte Aromen für Lebensmittel- und Futtermittelanwendungen. Wir lieferten einen Strahlschicht-Granulator zur Sprühgranulation mit Verkapselung der emulgierten Öle als komplette Anlage mit einer Produktionskapazität von 50 bis 100 kg/h und leiteten deren Inbetriebnahme.
Das Pottaschewerk Staßfurt beauftrage uns im Rahmen eines Turnkey-Projekts mit der Planung und Errichtung der bis dahin weltweit modernsten Pottascheproduktion mit einer Wirbelschicht-Sprühgranulationsanlage und einer Jahreskapazität von 20.000 t Kaliumkarbonat.
Und für die Sprühgranulation von Wasserenthärtern bei Zschimmer & Schwarz lieferten wir einen Wirbelschicht-Granulator mit einer Wasserverdampfungsleistung von 700 kg/h, schlüsselfertig inklusive der Gebäude.
CHEManager: Die Kunden von Glatt kamen ursprünglich aus der Pharmaindustrie, und hier machte sich Glatt vor allem auf dem Gebiet fester Arzneimittelformen einen Namen. Profitieren Sie heute noch von dieser frühen Kompetenz?
V. Saalfeld: Ja. Aber unabhängig von den langjährigen Kompetenzen für die Feststoffproduktion waren es jedoch vor allem Projekte zur Herstellung von flüssigen Arzneimitteln, die unsere Auftragsbücher füllten und bei denen unsere Planer ihr Know How unter Beweis stellen konnten und können. Mit Lizenzen namhafter Technologieträger hat Glatt diverse Projekte in diesem Bereich bearbeitet.
CHEManager: Welche zum Beispiel?
V. Saalfeld: Das aktuellste Beispiel ist ein Auftrag von Pharmaceutical Solution Industry, einem saudi-arabischen Produzenten von Infusionslösungen. Das Unternehmen beauftragte uns erst im Mai dieses Jahres mit dem Basic und dem Detail Engineering für den Umbau und die Erweiterung seiner Produktion auf ca. 4.000 m2 Produktionsfläche.
Derzeit projektieren wir auch den Neubau einer Fabrik zur Herstellung von Infusionslösungen für die Firma Grotex International in Russland. Nach Erarbeitung eines Konzeptes und der Ausführungsplanung wurde die Baustelle im Mai 2011 durch den Auftraggeber eröffnet. In den kommenden Monaten werden hier 2 Blow-Fill-Seal-Produktionslinien mit einer Jahreskapazität von 30 Mio. Flaschen PE entstehen.
Ebenfalls in Russland plant und realisiert Glatt im Auftrag von Rosplasma im Rahmen eines Turnkey-Projekts in Kirov eine neue Produktionsstätte zur Plasmafraktionierung von 600.000 l Blutplasma pro Jahr und der Herstellung diverser Produkte. Dazu gehört auch die Errichtung eines Netzes von Plasmasammel-/Pherese-Zentren im Kirover Gebiet mit Projektierung, Lieferung und Montage in Modulbauweise.
Und als EPCM-Vertragspartner für die Firma OOO Gematek aus Moskau, einem Tochterunternehmen des Lukoil-Konzerns, plante und errichtete Glatt in Tver eine neue Produktion für Infusionslösungen mit Blow-Fill-Seal-Technologie in PE-Flaschen à 500, 250 und 100 ml mit einer Kapazität von 12 bis 16 Mio. Flaschen pro Jahr).
CHEManager: Kommt bei diesen Aufträgen immer Glatt-Technologie zum Einsatz? Sicher bestehen Kunden, die Sie mit der Planung einer Fabrik beauftragen, auch schon mal auf eigene Technologie oder die von anderen Herstellern.
V. Saalfeld: Sie haben Recht. Es muss nicht immer unsere eigene Technologie sein, mit der produziert wird. Als technologieunabhängiger Fabrikplaner realisiert Glatt Ingenieurtechnik auch Produktionsstätten mit Ausrüstung des Kunden oder anderer Anbieter. In Saratov, Russland, realisierten wir z.B. als Generalunternehmer für den Ölkonzern Lukoil eine Betriebsstätte zur Herstellung von Natriumcyanid, die mit einer von DuPont lizensierten Technologie arbeitet. Und es gibt eine Reihe anderer Projekte, die wir nicht oder nicht ausschließlich mit eigener Technologie abwickelten.
Derzeit planen wir z.B. für einen Hersteller in Usbekistan eine neue Produktionsstätte zur Herstellung von Tabletten und Kapseln. Die Al Shaba Yeast Factory, ein syrischer Hefeproduzent, ließ von Glatt den Produktionsstandort in Aleppo modernisieren und zur Steigerung der Tagesleistung für Soft-und Trockenhefe von 32 t auf 50 t erweitern. Wir wickelten dieses Projekt als EPCM-Dienstleister von der Bestandsaufnahme und Vorplanung bis zur Produktionsübergabe ab. Ein Kunde aus Cork, Irland, übertrug uns die Verantwortung für die komplette Konzept-, Basic und Detailplanung der gesamten Prozesstechnologie im Rahmen eines Neubaus zur Herstellung von 4 Mrd. Tabletten im Jahr. Und das Unternehmen Beximco aus Dhaka, Bangladesh, betraute Glatt für die Rekonstruktion und Modernisierung einer Tablettenlinie mit einer tiefgründigen Bestandsaufnahme bezüglich der GMP-Tauglichkeit der vorhandenen Produktionsausrüstung und einem umfassenden Konzept zur Prozessplanung und Spezifikation der Ausrüstung für die neue Produktion.
CHEManager: Ihr Kundenspektrum ist sehr international. Wie bearbeiten Sie die ausländischen Märkte?
V. Saalfeld: Glatt Ingenieurtechnik hat seinen Hauptsitz zwar in Weimar, aber wir verfügen auch über Außenbüros und Niederlassungen in Skandinavien, Frankreich, der Schweiz, Russland, Indien und den USA.
CHEManager: Was kann man von Glatt Ingenieurtechnik künftig erwarten?
V. Saalfeld: Zum einen Turnkey-Kompetenz für integriert geplante Fabriken mit Glatt-eigener Prozesstechnologie, kundeneigenen Technologien oder dem Know-how eines Technologiepartners. Zum anderen modernste Prozessausrüstung zur Wirbelschichtgranulation von Pulvern – mit oder ohne Fabrik.
Unser Leistungsspektrum umfasst die Prozessplanung und –optimierung, die Anlagenplanung sowie die Gesamtplanung kompletter Fabriken. Kompetente Beratung, Steuerungs- und Haustechnikplanung, Qualifizierung und Validierung, sind für uns ebenso selbstverständlich wie zuverlässiger Service sowie Technologie-Schulungen und Operator-Trainings.
Dabei entwickeln auch wir uns ständig weiter, um unseren Kunden stets das neueste Know-How in Verbindung mit einem exzellenten Projektmanagement bieten zu können. Dabei stehen Qualität und Kundenzufriedenheit nach wie vor an erster Stelle.
Weitere Informationen zu diesem Thema und verwandten Themen finden Sie auch in den folgenden Veröffentlichungen:
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Keine teuren Überraschungen – Pre-Engineering sorgt für Planungssicherheit‘ PDF, deutsch
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Konti- oder Batch? Lohnproduktion mit Wirbelschicht- und Strahlschicht-Technologie‘ PDF, deutsch
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Den Kreislauf schließen – Phosphorrückgewinnung im Industriemaßstab‘. PDF, deutsch
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Eine der weltweit größten Strahlschichtanlagen zur Granulation ging Ende 2009 beim Dresdener Lohnhersteller IPC an den Start‘ PDF, deutsch
Veröffentlichter Fachbeitrag: ‚Großanlage zum kontinuierlichen Additive-Coating auf Basis der Wirbelschichttechnologie‘ PDF, deutsch