In nur zwei Schritten – Neuer Dünger nach Maß aus Klärschlammasche

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Wie der zweistufige, rückstandslose Prozess „PHOS4green“ aus Klärschlammasche gebrauchsfertigen und phosphorhaltigen Dünger macht.

  • Autor: Jan Kirchhof, Senior Sales Manager Process & Plant Engineering, Glatt Ingenieurtechnik GmbH
  • im Original veröffentlicht im Fachmagazin WASSER & ABWASSER TECHNIK, Ausgabe 4 / 2019, Fachweltverlag

 

Die bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm belastet das Grundwasser und die Gewässer, gesundheitsgefährdende Schadstoffe gelangen über Kulturpflanzen in die Nahrungskette. Durch die zukünftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen der Dünge- und der Klärschlammverordnung ist absehbar, dass Klärschlämme in erster Linie der Monoverbrennung zugeführt werden. Infolgedessen wird die Phosphatrückgewinnung größtenteils aus der Klärschlammasche erfolgen. Bekannte Verfahren zur P-Rückgewinnung produzieren jedoch häufig große Mengen Abfall oder erfordern eine bestimmte Rohstoffmatrix. Das neue Verfahren „PHOS4green“ von Glatt verbindet den Recycling- mit dem Herstellungsprozess für neuen Dünger und führt zu direkt vertriebsfähigen Produkten.

In Kooperation mit der SERAPLANT GmbH hat der Marktführer für Wirbelschichttechnologie Glatt ein hocheffizientes, marktreifes Verfahren entwickelt, das im ersten Schritt Phosphat aus Klärschlammaschen freisetzt und daraus mittels Wirbelschicht-Sprühgranulation gebrauchsfertige Standarddünger erzeugt. Bei dem Prozess fällt kein Abfall an, die Asche wird zu 100 Prozent verwertet. Das Projekt wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. DBU-Experte Dr. Maximilian Hempel bestätigte in einer Pressemitteilung: „Mit dem neuen Verfahren kann wirkungsvoll eine Lücke im Phosphor-Kreislauf geschlossen werden, die einen nachhaltigen Umgang mit dem Stoff bisher erschwert hat.“[1]

Wie das Phosphat aufgeschlossen wird

Durch die Trennung der Phosphatumsetzungsreaktion vom Granulationsprozess können die Rohstoffkomponenten perfekt homogenisiert werden. Für die Umwandlungsreaktion wird zunächst aus der phosphathaltigen Asche mithilfe einer Mineralsäure eine Suspension hergestellt, in der die festen Partikel fein verteilt sind. Ziel ist, die aschebasierten Nährstoffe pflanzenverfügbar zu machen. Die Suspension wird stets speziell für das gewünschte Düngerprodukt erzeugt, an die verfügbaren Rohstoffe angepasst und ist für viele Aschearten geeignet. Je nach Anwendungsziel können Wasser und weitere feste oder flüssige Nährstoffkomponenten, auch zusätzliche Phosphatquellen, zugesetzt werden. Der Verfahrensschritt über die Suspension ermöglicht es zudem, zu erwartende Effekte wie Korrosion, Klebeneigung und die exotherme Reaktion besser zu kontrollieren und zu steuern. Die spontane, hochenergetische Reaktion, die normalerweise bei der Kombination von phosphathaltigen Aschen und Mineralsäure auftritt, läuft kontrolliert ab, weil die freie Säure bereits in der Suspension reagiert hat.

Mittels Sprühgranulation zu neuem Dünger

Die Sprühgranulation in der Wirbelschicht veredelt das aufgeschlossene Phosphat zu einem marktfähigen Produkt. Eine Wirbelschicht entsteht, wenn die nach oben gerichtete Prozessluft eine Schicht aus Feststoffpartikeln anhebt und fluidisiert (Abb. 1). Die Prozessluft liefert gleichzeitig die für die Partikelproduktion benötigte Wärmeenergie. Wirbelschichtverfahren werden für die thermische Behandlung und Trocknung eingesetzt, um Granulate aus Pulvern (Sprühagglomeration) oder Flüssigkeiten (Sprühgranulation) zu bilden und Partikel zu beschichten (Sprüh-Coating). Parameter wie Granulatgröße, Restfeuchte und Feststoffgehalt können gezielt beeinflusst werden, um Produkteigenschaften wie Staubfreiheit, Abriebfestigkeit, eine dichte Oberfläche sowie eine kompakte homogene Struktur zu erreichen. Zudem lässt sich die Löslichkeit der Granulate optimal auf boden-, pflanzen- und  witterungsspezifische Einsatzbedingungen abstimmen.  Bei der P-Rückgewinnung variiert die Prozessdauer je nach Rohstoff(en) und Endprodukt, was auch davon abhängt, ob Substanzen in der Formulierung zum Zusammenkleben neigen. Die Phosphatsuspension wird in die Prozesskammer gesprüht, wo das Lösungsmittel sofort verdampft. Die verbleibenden Feststoffe dienen als Trägerkeime für die Bildung neuer Düngergranulate: Sie werden mit Sprühflüssigkeit benetzt, diese verdampft und es bildet sich eine feste Hülle aus mehreren Schichten (Abb. 2). Für eine optimale Depotwirkung, ein spezifisches Nährstoffangebot oder zur Reduzierung von Drifterscheinungen können die Partikel bei Bedarf anschließend mit einer funktionellen Schutzschicht (Coating) umhüllt werden. Ist die Sollgröße der Düngerkörnchen erreicht, wird das Produkt ausgetragen, verpackt und verkauft (Abb. 3).

Über angepasste Rezepturen zu Mehrnährstoffdünger

Mit dem beschriebenen Granulationsverfahren lassen sich, neben P38, P46, PK 20-30 und PK 12-24, auch verschiedenste Mehrnährstoffdünger (z. B. NP, PK und NPK) erzeugen. Über angepasste Rezepturen werden auch Schwankungen in der Aschenzusammensetzung ausgeglichen. Aus ökologischer Sicht eignen sich die neuen Dünger mit einem möglichen Phosphatgehalt von bis zu 46 Prozent als boden- oder pflanzenspezifischer Dünger gemäß DüMV für den ökologischen und den konventionellen Landbau.

Ergebnis: ein abfallfreies, marktfähiges Produkt

Im Vergleich zu anderen Verfahren zur Phosphatrückgewinnung ist dieses Verfahren zu 100 Prozent abfallfrei; die Asche wird vollständig verwertet. Die so produzierten Dünger enthalten bis zu 92 Prozent weniger Cadmium und Uran als die konventionell hergestellten Mineraldünger, der  Schadstoffgehalt liegt deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten (Abb. 6). Die Düngererzeugung aus Aschen lässt sich mit „PHOS4green“ zu marktüblichen Preisen realisieren. Am Standort Haldensleben wird bereits ein Projekt in Form einer Produktionsanlage im industriellen Maßstab für die SERAPLANT GmbH umgesetzt. Der Standort, die herzustellenden Produkte und deren Rezepturen sowie die avisierten Produktionskapazitäten bestimmen die Wirtschaftlichkeit.

[1] https://www.dbu.de/123artikel37663_2442.html, aufgerufen am 18.10.2019

Weitere Informationen zu diesem Thema und verwandten Themen finden Sie auch in den folgenden Veröffentlichungen: