Agglomeration in der Wirbelschicht – Wie sich Pulver besser auflösen

Ob Säuglingsmilch, Suppe oder Shake – instantisierte Lebensmittel haben in vielen Lebensbereichen unverzichtbare Vorteile. Sollen sich pulverförmige Stoffe schnell und optimal in warmen oder kalten Flüssigkeiten auflösen oder dispergieren, zählt die Agglomeration zu den erfolgreichsten qualitätsverbessernden  Verfahren. Die größte Bandbreite an Optimierungsmöglichkeiten bietet hierbei die Wirbelschichttechnologie.

Bei der Herstellung von Trockenstoffen stellen ein hoher Staubanteil, Probleme beim Schüttgewicht, mangelhafte Abriebfestigkeit oder eine unerwünschte Farbe nur einige der Herausforderungen dar. Kaffee, Kakao oder Kartoffelbrei müssen nicht nur lagerstabil, rieselfähig und gut dosierbar sein, sie sollen sich vor allem klumpenfrei und rückstandslos auflösen, dispergieren oder aufquellen lassen. Für die Optimierung von Instant-Eigenschaften stellt die Wirbelschichttechnologie ein hervorragend anpassbares und seit vielen Jahren etabliertes Verfahren dar. Wesentlich ist die experimentelle Entwicklung der Parameter, die auf Labor- und Pilotanlagen getestet werden sollte, um ein einwandfreies Instant-Qualitätsprodukt zur Marktreife zu bringen.

  • Autorin: Melanie Guttzeit, Prozessingenieurin, Glatt Ingenieurtechnik GmbH
  • im Original veröffentlicht im Fachmagazin ‚P&A Prozessdigitalisierung Automation‘, Ausgabe 10/2016, publish-industry Verlag GmbH und Wie sich Pulver besser auflösen (industr.com)

Bei der Herstellung von Trockenstoffen stellen ein hoher Staubanteil, Probleme beim Schüttgewicht, mangelhafte Abriebfestigkeit oder eine unerwünschte Farbe nur einige der Herausforderungen dar. Kaffee, Kakao oder Kartoffelbrei müssen nicht nur lagerstabil, rieselfähig und gut dosierbar sein, sie sollen sich vor allem klumpenfrei und rückstandslos auflösen, dispergieren oder aufquellen lassen. All dies setzt der Endverbraucher als selbstverständlich voraus. Für ihn – und den Markterfolg eines Produktes – zählen die minutenschnelle Zubereitung, ein einwandfreier Geschmack, das richtige Mundgefühl und letztlich auch der Preis.

Benetzbarkeit steuert das Tempo

Wie schnell sich ein Instant-Produkt beim Schütteln oder Rühren auflöst, hängt vor allem von der Benetzbarkeit ab. Der Kapillardruck in Getränkekörnchen führt dazu, dass die Flüssigkeit ungleichmäßig, also eher sprunghaft in die Instantpartikel eingesaugt wird. Bedeutend ist hierbei die Partikelgröße. Sind sie zu klein, dringt die Flüssigkeit nicht vollständig ein, das Pulver sedimentiert am Boden. Sind die Partikel zu groß, werden sie langsamer durchfeuchtet, Gaseinschlüsse lassen die Reste an der Oberfläche aufschwimmen. Bestimmend ist auch die Viskosität der Flüssigkeit. Zugelassene pflanzliche Zusatzstoffe im Instant-Produkt können die Viskosität positiv beeinflussen. Alle zuvor genannten Anforderungen und Produkteigenschaften können in der Wirbelschicht optimal eingestellt und produziert werden.

Agglomeration Korn an Korn

Das Prinzip der Agglomeration, auch Aufbauagglomeration genannt, basiert auf Feststoffbrücken, die zuvor lose Teilchen miteinander verbinden und Korn an Korn zu größeren, locker strukturierten Partikeln anwachsen lassen. Sind die Primärpartikel pulverförmig, werden diese zunächst befeuchtet, durch eine Flüssigkeit, durch Dampf oder durch eine Kombination beider Medien. Die Feststoffbrücken bilden sich durch eine chemische Bindung, das Auskristallisieren und Erhärten bei der nachfolgenden Trocknung aus.  Auch natürlich auftretende elektrostatische und van der Waals’sche Kräfte sind für die Agglomeration essenziell. Flüssige Ausgangsstoffe können durch Sprühtrocknung agglomeriert werden. Je nach Zielsetzung und Rohstoff muss ein Rehydrationsprozess nachgeschaltet werden.

Wie die Wirbelschicht Agglomerate aufbaut

Bei der Agglomeration vom Pulver zum Granulat erlaubt die Wirbelschichttechnologie eine Kombination mehrerer Prozesse in einem Arbeitsschritt. Die Anlage setzt sich aus der Zuluftkammer, dem Prozessraum, der Sprüheinrichtung und dem Filtersystem zusammen. Die Prozessluft  steuert den Wärme- und Stofftransport ideal, indem sie die Vorlage durch einen aufwärtsgerichteten Warmluftstrom in der Schwebe hält. Während die Partikel gut durchmischt werden, kollidieren sie miteinander. Volumenstrom und Gasgeschwindigkeit werden dabei so eingestellt, dass ein Abrieb möglichst vermieden wird. Feine Partikel, die in den Filtern haften bleiben, werden durch druckweises Abreinigen dem Prozess wieder zugeführt und können dadurch erneut agglomeriert werden. Sobald sich eine gleichmäßige Fluidisierung aufgebaut hat und der Lockerungspunkt überschritten ist, wird eine Flüssigkeit oder Suspension eingesprüht.  Das Lösemittel verdampft im Warmluftstrom. Durch die drei einwirkenden Kräfte – das permanente Berühren, die Kollision und die Anlagerung von Flüssigkeitströpfchen bilden sich lockere Agglomerate. Sie verdichten sich immer weiter, bis die gewünschte Partikelgröße erreicht ist. Kapillarkohäsionskräfte und Oberflächengrenzspannung bewirken dabei das Zusammenhaften der Teilchen. Das neue, gröbere Granulat weist veränderte Eigenschaften auf: Es ist deutlich fließfähiger, seine elektrostatische Aufladung ist herabgesetzt. Durch die poröse Struktur mit den kapillaren Oberflächen ist es besser benetzbar und löst sich schneller auf.

Anwendungsbeispiel Milchpulver

Neben der Befeuchtung ist die Dispergierbarkeit von Instant-Produkten wesentlich. Um etwa Vollmilchpulver mit guten Instanteigenschaften herzustellen, ist in der Regel Lecithin als Hilfsmittel zum Dispergieren zuzuführen. Oft müssen in Milchpulverprodukten auch Stabilisatoren wie beispielsweise modifizierte Stärke, Pektin, Alginate oder Carrageen eingebracht werden, die ihre Wirkung erst nach der Durchfeuchtung freisetzen. Auch bei Milchpulvern spielt die Schüttdichte eine Rolle. Die Idealkombination aus Sprühdruck, Luftmenge und Schütthöhe in der Prozesskammer stellt die Reproduzierbarkeit der gewünschten Produkteigenschaften sicher.

Eindüsung bestimmt Härte, Dichte und Gewicht

Die Wahl der Eindüsungsvariante beeinflusst die Produkteigenschaften wie Agglomerationshärte, -dichte und Schüttgewicht maßgeblich. Beim Bottom-Spray-Verfahren mit aufwärts gerichteten Sprühköpfen kann es, abhängig vom Sprühdruck, zu einer suboptimalen Trefferquote kommen. Das heißt, die vorgelegten Pulverpartikel werden nicht in ausreichendem Maße benetzt. Ähnlich wie bei der Sprühtrocknung führt das zu einer geringeren Korngröße und einer höheren Feinstaubrate. Deshalb stellen abwärts gerichtete Düsen, die die Sprühlösung von oben auf die Wirbelschicht sprühen (Top-Spray-Verfahren), den am häufigsten angewendete Agglomerationsprozess dar. Der Vorteil liegt darin, dass das Gegenstrom-Verfahren eine Überfeuchtung des Prozesses ermöglicht, der zu Agglomeraten mit einer größeren Kornstruktur führt.

Sprühlösungen für Lebensmittelanwendungen

Ob Wasser allein als Sprühflüssigkeit ausreicht, hängt von den gewünschten Agglomerationseigenschaften ab. Reichen die Bindungskräfte nicht aus, wird ein lebensmittelrechtlich zugelassenes Bindemittel benötigt. Bei der Wahl des Zusatzstoffes ist ausschlaggebend, dass es mit dem Pulver in Wechselwirkung tritt und eine stabile Bindung eingehen kann. Geeignet sind unter anderem Polysaccharide, Gelatine oder auch Teile aus der Pulvervorlage, welche die Viskosität erhöhen können und auch bei Raumtemperatur stabile Agglomerate bilden. Instant-Produkte profitieren von Sprühlösungen mit hoher Viskosität, um innerhalb der Agglomerate eine größere Struktur zu erreichen, denn diese führt zu einem besseren Dispergiervermögen. Je höher die Bindemittelkonzentration, desto stärker sind die Bindungskräfte in den Flüssigkeitsbrücken ausgebildet und desto größer bauen sich die Agglomerate auf.

Fazit

Für die Optimierung von Instant-Eigenschaften stellt die Wirbelschichttechnologie ein hervorragend anpassbares und seit vielen Jahren etabliertes Verfahren dar. Wesentlich ist die experimentelle Entwicklung der Parameter, die auf Labor- und Pilotanlagen getestet werden sollte, um ein einwandfreies Instant-Qualitätsprodukt zur Marktreife zu bringen. Laboranlagen wie das „ProCell LabSystem“ können am Weimarer Technikum von Glatt Ingenieurtechnik genutzt oder für Versuche im eigenen Betrieb ausgeliehen werden. Für Untersuchungen steht im Technikum außerdem eine umfangreiche Labortechnikausrüstung bereit. Glatt Ingenieurtechnik bündelt nachhaltige Prozess- und Anlagenplanung mit der ganzen Bandbreite an Engineering-Dienstleistungen – von der Produktidee bis zur schlüsselfertigen Produktionsstätte.

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